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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Sex im Kopf – zettelweise zerfleddert

Sex im Kopf: manchmal fühlte ich mich wie im Zoo ...


Unser Autor las für Sie das Buch "Sex im Kopf - die erotischen Fantasien der Deutschen" - und wähnte sich plötzlich im Menschenzoo.

Was habe ich davon, wenn ich weiß, was Sonja, 27, die irgendwas an einer deutschen Universität macht, erotisch bewegt? Was kann ich gewinnen, wenn ich Sonja unter das Nachthemd blicken kann oder gar in den Kopf?

Sonja hat sexuelle Fantasien, ganz, ganz spektakuläre, und sie erzählt darüber. Aha. So ist das also bei Sonja, 27. Sie ist, so der Klappentext des Buches, von dem ich hier berichte, eine von vielen Menschen, die mal ihr Kopfkino öffnen wollten.

Ich nehme an, dass Sonja auf diesem Planeten wohnt, weiterhin masturbiert und dabei darüber fantasiert, worüber Frauen angeblich niemals fantasieren. Fragt sich nur – was bedeutet es für den Leser eines Buches, zu wissen, dass es Frau Sonja gibt, die Fantasien hat?

Der Menschenzoo wird vorgeführt

Manchmal steckt Sex im Kopf ...
Das Buch, das ich in Händen halte, erinnert mich an Zoobesuche: da, hinter der Absperrung, dem Graben und dem Elektrozaun sitzt Frau Orang-Utan und denkt sich was. Oder Frau Hyäne oder Frau Löwe. Ja, wie interessant, nicht wahr? Das getüpfelte Fell der Hyäne, der Biss der Löwin ins hingeworfene Fleisch, die Banane für den Orang-Utan.

Begonnen habe ich damit, das Buch kapitelweise zu lesen – ander geht es auch fast nicht. Dem Buch fehlt die Klammer, und in Wahrheit geht es auch nicht ausschließlich ums Kopfkino. Schade. Wenn ich schon Spaziergänge am Ufer eines reißenden Flusses mache, dann möchte ich wenigstens wissen, wo das Wasser ist und wo der befestigte Weg. Aber das nur nebenbei. Manche Kapitel sind lang: Fetisch-Reize zum Beispiel auf gut 30 reizenden Seiten. Oder „Macht und Ohnmacht“ auf über 40 Seiten. Fragt sich bloß, warum nun das etwa sinngleiche „Devot und Dominant“ auf 35 weiteren Seiten folgt – ich muss nicht darüber nachdenken, oder? Verflixt, nur ein Kapitel übersprungen, und dann kommen „erotische Demütigungen“, ebenfalls ein ähnliches Thema, auf weiteren gut 12 Seiten. Nein, ich muss auch darüber nicht nachdenken.

Gedanken beim Masturbieren - was sollen wir damit?

... andererseits strebt er nach einem Medium.
Ach ja, was bewegt einen Menschen wie Sonja, 27? Sicher – sie wird von etwas bewegt, dass sie möglicherweise beherrscht oder das sie beherrscht – so weit habe ich es verstanden. Das ist aber nicht das, was ich wissen wollte, sondern, ob es viele Frauen gibt, die etwas Derartiges denken und fühlen. Ich möchte also erfahren, wie gewöhnlich es ist, wie es sich auswirkt und was es mit der Psyche anstellt. Und –letztendlich – will ich wissen, ob es schön und erfüllend für für die 27-jährige Sonja war. Oder ob sie sich schämt. Oder beides.

Was ist so sensationell daran, zu wissen, was Frauen oder Männer denken, wenn sie masturbieren? Die meisten Frauen, so glaube ich zu wissen (und es gibt ein paar Fakten, die dafür sprechen) masturbieren sich dann und wann. Und ich vermute, dass ein großer Teil von ihnen dieses häufig und unter Einsatz von Fantasien tut. Wie sonst? Fantasien sind sozusagen der Orgasmus-Verstärker, denn allein mit der mechanischen Reizung lässt sich zwar etwas erreichen, aber es ist nur halb so wilderotisch – das sagten mir jedenfalls Frauen, die es häufig tun.

Der "verbotene" Lustgedanke als Reizverstärker

Wen das verwundert, der muss irgendwie naiv sein. Die Klitoris kann von Hand oder mechanischen Geräten gereizt werden, doch die Reizung erzeugt nur dann schöne Orgasmen, wenn das Hirn sie passend verstärkt,m weiterleitet und die Stellen bringt, die letztlich für das süße Erschauern zuständig sind. Nur, wer ansonsten enthaltsam lebt, „kommt“ auch auf einfache Reize hin, sagen Frauen und Männer, die untere Einsatz von Fantasien masturbieren. Der Rest von ihnen braucht stärkere Reize, und vor allem wirksamere Reizverstärker. Sie müssen nicht sehr realistisch sein, zumal, wenn sie ausgesprochen „heikel“ wären, wenn sie denn Realität würden.

Ein Buch für Voyeure, die sich schämen, welch zu sein?

Will ich nun wirklich wissen, wie die Verstärker bei Frau A,, Frau M, oder Frau Y, funktionieren? Was nützt es mir (oder einer Leserin des Buches) wenn sie weiß, dass Peitschenhiebe, im Hirn genossen, sie aufgeilen? Oder wenn Frau Z. davon träumt, einmal von einer lesbischen Frau in die sinnliche Kunst des Cunnilingus eingewiesen zu werden? Sollte uns etwas „klargemacht“ werden? Wenn ja, was denn? Dass wir alle naseweis sind und gerne mal an fremden Bettlaken schnüfflen würden?

Es hat durchaus Sinn, Frauen und Männer zu fragen, welche Fantasien sie haben, um sie dann auszuwerten. Zwar hat auch diese Vorgehensweise ihre Ecken und Kanten, aber sie erzeugt wenigsten ein Gesamtbild und keine Zettelchen, auf denen etwas steht, das nur die Person angeht, die es erlebt. Das Buch, das ich vor mir habe, erzeugt kein Bild, wirkt wie ein Kaleidoskop oder eine Zettelsammlung. „Such dir was aus, was dir gefällt oder dich empört, gell?“

Sonja, 27, kann also stinknormal und sinnesfroh sein oder psychisch krank oder gefährdet. Alles ist möglich, Hauptsache, es steht auf irgendeinem Zettel, halbwegs glaubwürdig. War es das?

Hinaus au dem Menschenzoo - und was nehme ich mit?

Ich gehe aus dem Zoo heraus –Pardon, ich lege das Buch zur Seite. Dieses Sammelalbum zu Themen der Sexualität. Es erinnert mich an die alten Alben für Margarinebilder. Sicher, da wurden ein paar Lebensbilder eingeklebt, die sich anzusehen lohnen. Aber es fehlen so viele Bilder, dass auch beim besten Willen kein Gesamtbild entsteht, nicht einmal pro Thema. Eines der Margarinealben hieß einmal „Abenteurer und Entdecker“ – und so kann man auch dieses Buch auffassen: Seht man, all das, gibt es, und es ist sogar für irgendjemanden irgendwie real.

Ach, die Zoo-Menschen - wie eigenartig sie sind

Ja, und dann? Dann sagen wir: Ach, was es alles für merkwürdige Dinge gibt auf dieser Welt, nicht wahr, legen wir uns hin, beschlafen brav unsere Ehepartner. Und stellen uns dabei nicht vor, dass sie die süße Schwarzhaarige aus der Poststelle oder aber der knackige Lagerarbeiter mit dem Alabaster-Oberkörper ist. Denn wir, wir sind ja nicht so pervers wie die Leute im Buch, nicht wahr?

Lob an den Autor - hübsch geschrieben, fleißig recherchiert

Die Texte des Buches, die der Autor Gerhard Haase-Hindenberg beisteuerte? Sie sind hübsch geschrieben. Beginnen immer mit dem Allgemeinen und Historischen, und kommen dann auf das Besondere. Dazu hat man sich eines Therapeuten versichert, der sehr verständlich erläutert und differenziert – gut so. Und es muss einen Haufen Arbeit gemacht haben, die Beichten einzusammeln, zu lesen, zu ordnen und zu verwursten. Also gibt es ein Bienchen für Fleiß und Ausdauer.

Ach ja – nur eines ist das Buch nicht im Geringsten: ein Sittengemälde, wie der Kritiker der WELT behauptete. Eher ein Zettelkasten, der mühevoll in eine etwas fragwürdige Ordnung gebracht wurde.

Bildnachweis: Bild oben © 2014 by Liebesverlag.de
Bild links: Buchtitel, © 2014 by rowolth polaris.
Bild rechts: Werbung für Telefon-Sex, Frankreich 2002, retuschiert.

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